Am 11.10.2025 wurde Oberbürgermeister Eckart Würzner mit folgenden Worten im RNZ-
Artikel “Gneisenaubrücke als Radwegachse ausgezeichnet” zitiert:
“Der Landespreis Radinfrastruktur ist eine großartige Bestätigung für unseren Weg hin zu einer
nachhaltigen und zukunftsorientierten Mobilität in Heidelberg”, sagt Oberbürgermeister Eckart
Würzner: “Mit Projekten wie der Radachse Bahnstadt – Neuenheimer Feld, neuen
Fahrradstraßen, dem Ausbau des Radnetzes und Fahrradparkhäusern am Europaplatz und
Hauptbahnhof schaffen wir sichere, attraktive Angebote und stärken so die Radstadt
Heidelberg. Zugleich binden wir uns in die Radschnellwege des Umlands ein, etwa den
geplanten Radschnellweg nach Schwetzingen. Die Auszeichnung motiviert uns, den
Radverkehr in Heidelberg weiter konsequent zu stärken und die Verkehrswende
voranzubringen.
Die Äußerungen vermitteln den Eindruck eines Oberbürgermeisters, der sich aus
Überzeugung und eigenem Antrieb für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Mobilität in
Heidelberg einsetzt. Das tatsächliche Wirken von Oberbürgermeister Würzner und den
Entwicklungen bzw. fehlenden Entwicklungen für den Fuß- und Radverkehr zeichnen jedoch
ein anderes Bild.
1. Keine Maßnahme ohne Druck von außen und vertane Chancen!
Einige Beispiele:
• Über 10.000 Unterschriften von Bürgern und Bürgerinnen, viel Ausdauer und
Überwinden der Gegenwehr von Seiten der Stadtverwaltung waren erforderlich, um
den Prozess der Radstrategie für sichere Radwege überhaupt auf den Weg zu
bringen.
• Trotz jahrelanger und zahlreicher Aufforderungen von Kinderbeauftragten, Eltern und
anderen Initiativen wurden Maßnahmen für freie Gehwege in Heidelberg erst auf
Anweisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe gestartet. Menschen, die sich gegen
zugeparkte Gehwege wehren, bezeichnet der Oberbürgermeister als Denunzianten.
(RNZ vom 23.05.2024: OB Würzner steht zu seiner “Denunzianten“-Aussage).
• Vorschläge des Amtes für Mobilität zur Durchführung eines Verkehrsversuchs in der
Mittermaierstraße wurden durch den Oberbürgermeister zunächst kritisiert, dann
blockiert. (RNZ vom 14.12.2023: „Würzner hat null Verständnis für den
Verkehrsversuch“). Stattdessen wurde in der Gemeinderatssitzung im März 2024 auf
Vorschlag des Oberbürgermeisters die Einrichtung eines Arbeitskreises beschlossen.
Der Arbeitskreis wurde bis heute nicht eingerichtet.
• Der vom Gemeinderat im Juni beschlossene Lärmaktionsplan ermöglicht eine
deutliche Ausweitung von Tempo 30 auf Heidelberger Straßen. Tempo 30 bietet nicht
nur Lärmschutz, es macht den Fuß- und Radverkehr sicherer. Von einem OB mit
Ambitionen in Sachen Verkehrswende wäre zu erwarten, dass er diese Synergie nutzt
und die Umsetzung des Lärmaktionsplan vorantreibt. Das Gegenteil geschieht (RNZ
vom 24.10.2025 “Bei Tempo 30 hat die Stadt keine Eile”).
2. Der Bau neuer Brücken ist nicht nachhaltig und zukunftsorientiert!Zusätzlicher Ressourcen- und Flächenverbrauch ist weder nachhaltig noch zukunftsorientiert.
Die Belastungen durch den motorisierten Individualverkehr werden durch den Bau zusätzlicher
Brücken nicht reduziert. Es wird mit viel Geld zusätzliche Infrastruktur gebaut und in Stand
gehalten, ohne die Probleme im Kern anzugehen.
Es braucht einen Oberbürgermeister, der sich auch über Leuchtturmprojekte und
Auszeichnungen hinaus öffentlich und ernsthaft für eine Verkehrswende einsetzt. Es braucht
einen OB, der hinter konfliktreichen Themen wie Umverteilung vorhandener Flächen,
Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und Förderung einer
gemeinwohlorientierten Mobilität steht.
3. Eine Brücke ist noch keine Radachse!
Oberbürgermeister Würzner spricht von der „Radachse Bahnstadt“, als sei sie zum Greifen
nah, wenn nicht sogar bereits vorhanden. Nichts könnte der Realität ferner sein. Wann, wie
und ob überhaupt die Radachse ins Neuenheimer Feld fertiggestellt wird, ist vollkommen
offen.
Hinter der prämierten Radbrücke geht es in Richtung Süden nach einer Ampel in die Da-Vinci-
Straße mit 50m Radschutzstreifen, der grundsätzlich von PKW zugeparkt ist. Es schließen
sich 100m Fahrradstraße an, in der es erhebliche Konflikte mit dem Fußverkehr gibt. Die
Fahrradstraße mündet in einer Rampe in die Felder, die so schmal ist, dass sie als Gehweg
mit “Fahrrad frei” ausgewiesen wurde. Mit der Rampe endet auf dem Feldweg auch die
Infrastruktur.
Der für 2029 (!) geplante Baubeginn der Neckarbrücke im Norden der ausgezeichneten
Radbrücke steht aufgrund der Heidelberger Haushaltslage gänzlich in Frage. Bis dahin
müssen Radfahrende aus dem Süden weiter durch das gefährliche Nadelöhr
Mittermaierstraße.
Sichere und komfortable Radachsen sind ein wichtiger Baustein, um die Vorteile der
Verkehrswende spürbar zu machen. Radachsen können auch bei knapper Haushaltskasse
ohne Radbrücken eingerichtet werden. Die Herausforderungen bestehen dabei nicht in
baulichen Veränderungen, wie wir mit dem Pop-Up-Radweg in der Mittermaierstraße zeigen
konnten.
Verkehrswende braucht einen Oberbürgermeister, der die Mitarbeitenden in seiner Verwaltung
bei mutigen Schritten unterstützt, der die Bürger*innen seiner Stadt bei den erforderlichen
Veränderungen begleitet und die positiven Perspektiven aufzeigt. Echte Führung zeigt sich
nicht bei Sonnenschein, sondern dann, wenn die See rau ist.
