Für Heidelberger:innen und regelmäßige Besucher:innen des Hauptbahnhofes ist es ein bekannter Anblick, für Neuankommende ein eher irritierender. Die Flut an Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz. Das soll sich ändern. Die Stadt Heidelberg möchte das Fahrradparken am Hauptbahnhof organisieren. Das Land und auch der Bund stellen hierfür erhebliche Fördermittel zur Verfügung, damit die Hürden für eine Umsetzung maximal reduziert werden. Bereits 2016 wurde ein Wettbewerb zur Umgestaltung des Bahnhofvorplatzes durchgeführt. Dieser Wettbewerb beinhaltete neben dem unterirdischen Fahrradparkhaus auch ein oberirdisches. Die Idee des oberirdischen Fahrradparkhauses wurde jedoch nicht weiterverfolgt. 

Am 15. Dezember 2022 stand das Fahrradparkhaus auf der Agenda des Gemeinderates. Wir nutzten die öffentliche Fragestunde, um unsere Fragen zum Entwurf des Fahrradparkhauses an die Stadtverwaltung heranzutragen. Es bedurfte insgesamt zwei schriftlicher Nachfragen, um dann im Rahmen der AG-Rad (ursprünglich 20. März 2023, dann vertagt auf den 12. Juni 2023) ein paar weitergehende Informationen zu erhalten. Am 13. Juni 2023 erreichte uns dann die schriftliche Beantwortung unserer Fragen aus der Gemeinderatssitzung vom 15. Dezember. 

Klarstellung: Mit großer Verwunderung stellten wir fest, dass in der Beschlussvorlage 0351/2023/BV, Neubau Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof Ausführungsgenehmigung, vom 29. September 2023, unter Punkt 6. geschrieben steht: “… Die Akteure des Radentscheides und der AG Rad sind in die Planungen eingebunden …”. Dieser Satz lässt vermuten, dass der Radentscheid und die AG Rad bei der Planung des Fahrradparkhauses aktiv mitgewirkt hätten. Diesem Eindruck möchten wir entgegenwirken. Wir wurden lediglich nach mehrmaligem Nachfragen über den Stand der Planung informiert, mitzuwirken oder uns einzubringen wurde uns nicht ermöglicht. 

Im Frühsommer 2024 soll mit den Bauarbeiten für das Fahrradparkhaus begonnen werden. Die Inbetriebnahme ist für 2025 geplant. Mit dem Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof und dem Fahrradparkhaus am Europaplatz wird die Bedeutung des Hauptbahnhofs als Verknüpfungspunkt zwischen Radverkehr und ÖPNV und ÖV deutlich gestärkt.  

Übersichtsplan

Gem. der Machbarkeitsstudie der Beschlussvorlage 0379/2015/BV von 2015 wird für 2030 folgende Verteilung der geplanten Fahrradabstellplätze erwartet. Die angegebenen Werte wurden als Mittelwert aus vier unterschiedlichen Berechnungsformen gebildet. 

  • Hauptbahnhof Nordseite – Stadtseite (Willy-Brandt-Platz) = 2.650 Stellplätze  
  • Hauptbahnhof Südseite – Zugang zur Bahnstadt = 1.350 Stellplätze 
  • Gesamtsumme = 4.000 Stellplätze 
  • Verteilung = 66,6 % auf der Nordseite, 33,3 % auf der Südseite

Zum Vergleich die Angaben zu den geplanten Stellplätzen in den beiden Fahrradparkhäusern: 

  • Hauptbahnhof Nordseite – Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof = 725 Stellplätze 
  • Hauptbahnhof Südseite – Fahrradparkhaus Europaplatz = 1.100 Stellplätze 
  • Gesamtsumme = 1.825 Stellplätze 
  • Verteilung = ~40 % auf der Nordseite, ~60 % auf der Südseite

Schräg gegenüber dem Nordausgang des Hauptbahnhofes, in der Karl-Metz-Straße, wurde Mitte dieses Jahres eine nicht überdachte Abstellanlage mit 240 Stellplätzen bestehend aus doppelstöckigen Abstellmöglichkeiten eingerichtet. Diese Abstellanlage ist jedoch nur für Radfahrende interessant, deren Weg zum Bahnhof an der Abstellanlage vorbeiführt. Diese Abstellanlage liegt nicht direkt am Bahnhof, sondern wird durch mehrspurige Kurfürstenanlage getrennt. 

  • Gesamtsumme mit Abstellanlage in der Karl-Metz-Straße = 2.065 Stellplätze 
  • Verteilung = ~47 % auf der Nordseite, ~53 % auf der Südseite

Verteilung der Stellplätze auf Grundlage der Machbarkeitsstudie für 2030 

Der Vergleich der zu erwartenden Zahlen mit den für die Planung zugrunde gelegten Zahlen zeigt, dass der aktuelle Ansatz für den Bedarf an Fahrradstellplätzen nicht zukunftsfähig ist. Es ist schon heute davon auszugehen, dass die Stadt Maßnahmen zum Nachsteuern ergreifen muss. Entsprechende Planungen sind uns zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht bekannt. 

Die geplante Anzahl an Stellplätzen wird voraussichtlich nicht einmal ausreichen, um den aktuellen Bedarf an Abstellplätzen zu decken. Eine Erhöhung des Bedarfs bspw. abgeleitet aus einem Klimamobilitätsplan können wir hier bisher nicht sehen. Die beiden Parkhäuser werden nicht zusätzlich bereitgestellt, sondern die bisher kostenfreien Abstellplätze im unmittelbaren Umfeld des Hauptbahnhofs ersetzen. Die vorhandenen Abstellanlagen sollen zurückgebaut werden. Schnell zu erreichende, ebenerdige und vor allem kostenfreie Abstellplätze fallen somit weg. Nicht alle werden sich einen kostenpflichtigen Stellplatz in einem Fahrradparkhaus leisten können. Die Preise zur Nutzung des Fahrradparkhauses sind jedoch noch nicht bekannt, da bisher kein Betreiber feststeht. Es ist die Aufgabe der Stadt, auch bei der Auswahl eines Betreibers, die soziale Gerechtigkeit zu berücksichtigen. 

Eine stärkere Verknüpfung des Radverkehrs mit ÖPNV bzw. ÖV und der Ausbau von Abstellanlagen für Fahrräder sind zwei zentrale Forderungen des Radentscheids. Die Errichtung von Fahrradparkhäusern am Hauptbahnhof verbindet beide Forderungen. Dementsprechend begrüßen wir die geplante Baumaßnahme, halten jedoch weitere Maßnahmen für erforderlich. Das Fahrradparkhaus darf nicht nur als kostspieliges Vorzeigeprojekt der Stadtverwaltung dienen, sondern muss den Bedürfnissen der Menschen und den Anforderungen an eine ernst gemeinte, robuste und damit zukunftsfähige Mobilitätswende gerecht werden. 

Artikel in der RNZ vom 28.10.2023: Fahrradparkhaus Heidelberg: Sichere Rad-Stellplätze am Hauptbahnhof für 2025 geplant – Heidelberg – Nachrichten und Aktuelles – Rhein-Neckar-Zeitung (rnz.de)

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