24. November, 14:53 Uhr. Unsere Beschilderung ist abgehängt und die Baken sind abgeräumt. Bis 15:00 Uhr musste die Mittermaierstraße geräumt sein. Beantragt hatten wir zwar für beide Tage einen Zeitraum von 7:00 Uhr bis 19:00 Uhr, jedoch wurde uns das spätere Versammlungsende nicht genehmigt. 

Die unzähligen positiven Rückmeldungen der Radfahrenden, Zufußgehenden aber auch Anwohnenden haben uns gezeigt, dass an der Mittermaierstraße dringender Handlungsbedarf besteht. Immer wieder wurde uns mit einem Lächeln, Dankeschön und Daumen hoch von Betroffenen bestätigt, wie gut es sich anfühlt, wenn auf einmal mehr Platz zur Verfügung steht. “Dieser Abschnitt ist normalerweise mein Angstraum, daher fahre ich heute schon zum fünften Mal hin und her”, sagte und eine Radfahrerin strahlend.  

Vereinzelt gab es auch negative Reaktionen, darunter von zwei Radfahrenden und einigen Zufußgehenden. Im Kern ging es immer wieder um die Sorge, der Autoverkehr werde behindert. Unter den Tisch fällt dabei, 

– dass die gesetzlich vorgeschriebenen Wegbreiten für den Fuß- und Radverkehr nicht eingehalten werden,  

– dass der Verkehr die Anwohnenden durch Lärm und Luftverschmutzung stark belastet und 

– dass wir ohne eine Verhaltensänderung unsere Klimaziele nicht erreichen werden. 

Ein Radfahrender schlussfolgerte, es brauche eine zusätzliche Neckarquerung. Mehr Straßen würden den Verkehrsfluss verbessern und dadurch zu mehr Klimaschutz führen. Eine bereits bewiesene Falschannahme. Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr. Und mehr Verkehr führt wiederum zu mehr Stau und somit zu noch weniger Klimaschutz. Zudem müssten noch mehr Flächen für zusätzliche Straßen und den steigenden Bedarf an Abstellflächen versiegelt werden. Bis 2035 muss BaWü 55% CO2 im Verkehrsbereich einsparen. Dieses ausgegebenen Ziel kann nur durch eine Reduzierzung des Verkehrsaufkommens erreicht werden. Der Umstieg auf eine reine E-Mobilität aus erneuerbaren Energien kann den CO2-Austoß zwar reduzieren, verringert jedoch weder den Flächenverbrauch noch die Überhitzung des Stadtklimas. Zudem schreitet der Ausbau der E-Mobilität zu langsam voran. Auch der Vorschlag einer Dreispurigkeit mit richtungswechselnder Mittelspur geht davon aus, dass das Verkehrsaufkommen nicht signifikant reduziert wird. 

“Was für ein Schwachsinn” schallte es uns aus einem Sportwagen entgegen. Autopendler*innen nehmen die durch den Autoverkehr verursachten Lärm- und Luftverschmutzung in der Mittermaierstraße nicht wahr. Ihre einzige wahrnehmbare Beeinträchtigung besteht darin, gelegentlich im Stau stehen zu müssen. Am 23. und 24. November auch etwas länger. 

Drei Rettungsfahrzeuge passierten unter Blaulicht den Pop-Up-Radweg im Zeitraum unserer Aktion. Weitere bogen vom Uniklinikgelände kommend direkt in die Vangerowstraße oder die Bergheimer Straße ab. Jeweils ohne erkennbare Verzögerungen. Über eine zum Radweg umgewidmete Autospur mit überfahrbarer Abgrenzung könnten Rettungsfahrzeuge zukünftig sogar einen möglichen Verkehrsstau umfahren. Beispiele dafür werden in der Fachempfehlung der Berufsfeuerwehren und des Deutschen Feuerwehrverbandes von 2022 beschrieben. 

Sicherheit für den Fuß- und Radverkehr, hohe Lebensqualität für Anwohnende und angemessener Klimaschutz erfordern einen Ausbau des ÖPNV und des Radverkehrs. Es müssen Angebote geschaffen werden, die einen Umstieg auf den ÖPNV oder das Rad fördern. Arbeitgebende im Neuenheimer Feld müssen den Beschäftigten in Zusammenarbeit mit der Stadt Heidelberg entsprechende Modelle und Anreize bieten.  

Am 14. Dezember entscheiden die Gemeinderatsmitglieder:innen über die Durchführung eines mehrmonatigen Verkehrsversuches in der Mittermaierstraße. Zwei Varianten stehen zur Wahl, eine kleine Variante mit Ausbauoption und eine große Variante mit Verbesserungsbedarf. Leider besuchte uns keine(r) der Gemeinderatsmitglieder:innen vor Ort, um die Varianten mit uns zu diskutieren und Argumente auszutauschen. Angesichts der großen Defizite im Verkehrsbereich blicken wir mit hohen Erwartungen auf die Entscheidung des Gemeinderates. 

Zum Abschluss möchten wir noch dem Zentrum für umweltbewusste Mobilität (ZuM) und dem ADFC danken, die uns Materialien und Lagermöglichkeiten zur Verfügung stellten, sowie dem VCD, Fridays for Future und ver.di („Wir fahren zusammen“), dem KlimaNetz Heidelberg und allen Menschen, die uns vor Ort unterstützen.  

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