Unsere Vertrauensperson Larissa Weigel hat am 10. Juli auf der Rad-Demo „Heute Radschnellweg!“ in Mannheim gesprochen. Veranstalter*innen waren ADFC Rhein-Neckar/Heidelberg, ADFC Mannheim, Asta der Universität Mannheim, Radsportverein Heidelberg, Radentscheid Heidelberg, SPD Heidelberg, Bündnis ’90/Die Grünen Heidelberg, Grüne Alternative List Heidelberg und Studierendenrat der Universität Heidelberg.
Hier kannst Du Larissas Rede nachlesen:
“Als eine der Vertrauenspersonen des Radentscheid HD darf ich für das adfc-Aktionsbündnis sprechen und möchte damit beginnen, allen zu danken, die die heutige Radschnellweg-Demo ermöglicht haben:
Das ist zuallererst Michael Fröhlich vom ADFC: Du hast es auch in diesem Jahr wieder krachen lassen!
Danke auch an die Bündnispartner*innen und Unterstützenden der Demo: der ADFC HD und MA, die Heidelberger SPD, GAL und Grünen, der Radentscheid, der RSV, der Stura HD und schließlich die Heidelberger Linke, Ökostadt und der VCD.
Außerdem natürlich die Verwaltung und die Polizei, die uns sicher hierhergeleitet hat.
Unser Dank geht auch an die Schirmherren, die Oberbürgermeister von HD und MA, Herrn Würzner und Herrn Kurz.
Bei diesem Dank zögere ich allerdings, denn im letzten Jahr waren Sie bereits Schirmherren. Die Hoffnung war, dass durch Ihre Unterstützung das Projekt Radschnellweg HD-MA endlich Fahrt aufnehmen würde. Das ist jedoch nicht geschehen: Es herrscht weiterhin STILLSTAND.
Kurz zur Historie des geplanten Radschnellwegs:
- 2017 wurde der Radschnellweg beschlossen und vom Verkehrsminister Baden-Württembergs, dem Regierungspräsidium Karlsruhe und den Oberbürgermeistern der anliegenden Städte unterzeichnet.
- 2023 sollte der erste Spatenstich stattfinden, bis dahin sollten sogenannte „SOFORT“-Maßnahmen umgesetzt werden, um vorab bereits Teilabschnitte zu realisieren.
Wie sieht die Realität aus?
- 2023 soll das Planfeststellungsverfahren erst BEGINNEN
- Geplante „Sofort“-Maßnahmen wurden NICHT umgesetzt.
- Der erste Spatenstich ist nach aktuellem Stand frühestens 2026 zu erwarten.
Woran liegt das? Wo ist das PROBLEM?
Es wird hier auf komplexe Verfahren, erforderliche Absprachen, gegenseitige Abhängigkeiten und Personalmangel verwiesen – alles vordergründige Probleme.
Wären das die wirklichen Probleme – dann wäre der Stillstand die Folge höherer Gewalt; ein objektivierter unauflösbarer Zustand.
Vielmehr haben wir es mit einer zirkulären Selbstblockade zu tun:
Die komplexen Verfahren sind ja nicht gottgegeben und der bestehende Personalmangel ist die Folge jahrelangen Personalabbaus.
… und irgendwie scheint es allen auch ganz recht zu sein, „dass man ja nichts machen kann“.
WARUM IST DAS SO?
Das zentrale Problem ist unsere Beziehung zum Auto: Wir haben das Auto zum Dreh- und Angelpunkt der Welt gemacht, in der wir uns eingerichtet haben.
Bei jeder Autospur, die umgewidmet, jedem Parkplatz, der weggenommen werden soll, gehen auf der einen Seite die Emotionen durch die Decke und auf der anderen setzt die Selbstblockade ein.
Ja, in der Theorie soll der Autoverkehr eingeschränkt werden.
In der Praxis aber herrscht Stillstand, Verleugnung und Angst.
Das Auto ist für viele gleichbedeutend mit Mobilität, Unabhängigkeit und sozialer Zugehörigkeit. Dessen jahrzehntelange Subventionierung hat jedoch zum Abbau des öffentlichen Verkehrs und damit zu FEHLENDER Mobilität und für viele zu ABHÄNGIGKEIT vom Auto geführt.
Wir wissen es eigentlich alle: Wir brauchen die Mobilitätswende und zwar nicht in homöopathischen Dosen!
Der Stillstand beim Radschnellweg Heidelberg-Mannheim ist nur EIN Beispiel für die Handlungsstarre beim Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur.
Herr Würzner, Sie stehen bei vielen für Nachhaltigkeit und Umweltpolitik.
Im letzten Jahr gaben Sie der New York Times ein Interview, das mit dem Titel veröffentlicht wurde „Die Stadt, in der Autos nicht willkommen sind“.
Das trifft definitiv nicht zu – weder auf Heidelberg noch auf Mannheim. Wir wünschen uns keine öffentlichkeitswirksame DARSTELLUNG unserer Städte, wir möchten TATEN.
Tatsächlich aber werden momentan Entscheidungen vermieden, die dem Auto den Vorrang nehmen; es werden Maßnahmen vermieden, die keinen Zweifel daran lassen, dass Mobilitätswende DRAN ist.
An dieser Stelle möchte ich alle aus Politik und Verwaltung bitten: Hinterfragen Sie die SCHEINBAR OBJEKTIVEN HINDERUNGSGRÜNDE; fragen Sie sich selbst bitte, was Sie hindert.
Menschen sind in der Lage und auch bereit, ihre Mobilität zu ändern. Dazu brauchen wir aber mutige Entscheidungsträger*innen aus Politik und Verwaltung, die das möglich machen.
Was müssen wir NOCH tun, damit Sie uns endlich glauben, dass wir bereit sind?
In Heidelberg-Wieblingen, wo der Radschnellweg entlanggehen soll, könnte schon heute eine vier Meter breite Radachse verlaufen. Doch auf der einen Hälfte der Fahrbahn parken Autos.
Herr Würzner, Sie können den Radschnellweg zumindest zum Teil noch in diesem Jahr Realität werden lassen, indem Sie die Parkplätze dort wegnehmen – und zwar noch VOR DER WAHL. Dass die Parkplätze gebraucht werden, lassen wir als Argument nicht gelten: Denn dort parken vor allem Wohnmobile.
Die Demos für den Radschnellweg wurden zuvor mit „Radschnellweg JETZT, und in diesem Jahr mit Radschnellweg HEUTE angekündigt. Fakt ist: Vom Radschnellweg ist noch keine Spur und geplante SOFORTmaßnahmen wurden NICHT umgesetzt.
Begriffe immer wieder zu verwenden OHNE sie zu meinen, führt zu Abstumpfung und zu Selbstbetrug.
Eine Rede endet immer mit einem Appell. So auch diese:
Sehr geehrte Entscheidungsträger*innen,
als Vertreterin des Radentscheid Heidelberg und des adfc-Organisationsbündnisses fordere ich Sie auf – mit noch vorhandener HOFFNUNG, aber auch mit SKEPSIS:
- Kommen Sie aus Ihrer Handlungsstarre!
- Machen Sie NICHT weiter wie bisher! … denn: zu akzeptieren, dass es so langsam vorrangeht, ist eine Leugnung unserer System- und Klimakrise.
- Lassen Sie sich nicht feiern für einen Radverkehrszustand, der in einigen Städten vielleicht noch schlechter ist.
WERDEN SIE TÄTIG! Wir freuen uns darauf, Sie dabei zu unterstützen!”
Larissa Weigel,
Vertrauensperson des Radentscheids Heidelberg