Der Radentscheid

Nachdem einige Menschen in 2020 den Radentscheid Heidelberg initiiert hatten, fand am 30.01.2021 das Kick-off-Meeting statt. Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen fanden alle Treffen zunächst online statt. Trotzdem konnten sich ca. 40 Personen dafür begeistern, für eine bessere Fahrradinfrastruktur in Heidelberg aktiv zu werden. In den wöchentlichen Online-Meetings wurden die insgesamt 8 Forderungen erarbeitet und die Unterschriftensammlungen organisiert.

Trägerverein des Radentscheids ist Fahrrad und Familie e.V. Der Radentscheid Heidelberg folgt einer bundesweiten Bewegung, die in Berlin ihren Anfang nahm (Changing Cities e.V.) und eine Blaupause für Radentscheide entwickelt hat. Inzwischen gibt es bundesweit über 60 Fuß- und Radentscheide, die nach diesem Muster ins Leben gerufen wurden. Die Forderungen sind in der Regel jedoch zu umfangreich, um die rechtlichen Anforderungen eines Bürgerentscheids zu erfüllen. Trotzdem hat die Mobilitätswende in vielen Städten auch durch diese Fuß- und Radentscheide an Schwung gewonnen und ist stärker in die öffentliche Wahrnehmung geraten.

Beginn der Unterschriftensammlung

Im Mai 2021 starteten wir die Unterschriftensammlung für das geplante Bürgerbegehren mit den folgenden Forderungen:

  1. Durchgängiges und sicheres Rad-Netz für den Alltagsverkehr schaffen
  2. Gefährliche Kreuzungen sicherer machen
  3. Grüne Welle für das Rad und fußgängerfreundliche Ampeln einrichten
  4. Radwege pflegen und räumen
  5. Verkehrsberuhigte Stadtteile und Quartiere schaffen
  6. Sichere und saubere Familien-Mobilität fördern
  7. 8.000 sichere Fahrradabstellplätze bis 2030 einrichten
  8. Maßnahmen unverzüglich und transparent umsetzen

Als Auftaktveranstaltung organisierten wir eine Fahrraddemo am 16.05. mit über 650 Teilnehmenden! Für viele Aktive war es ein erstes Treffen in Präsenz.

Abschluss der Unterschriftensammlung

Dank der Unterstützung durch Bündnispartner:innen und auch einzelne Sammler:innen erreichten wir im September ’21 unser erklärtes Ziel von 10.000 Unterschriften und konnten direkt in die Verhandlungen mit der Stadt einsteigen. Klimabürgermeister Raul Schmidt-Lamontain unterbreitete uns einen Entwurf zur Umsetzung unserer Forderungen, das sogenannte „FriendlySaddlement“. Um die Verwaltung nicht mit einer unnötigen Prüfung unseres Begehrens aufzuhalten, sondern „direkt ins Tun“ zu kommen, entschieden wir die Unterschriften nicht einzureichen. Außerdem erwarteten wir, dass ein Bürgerentscheid aus formellen Gründen abgelehnt würde. Nach dem ersten Treffen zum „Friendly Saddlement“ geriet der Austausch mit der Stadtverwaltung jedoch ins Stocken.

Aktion Pop-up-Radwege

So wurde es 2022 und wir etwas ungeduldig, da geplante Treffen mit dem Amt für Mobilität immer wieder abgesagt wurden. Um den Druck auf die Verwaltung zu erhöhen und unsere Forderungen nach sicheren Fahrradwegen Nachdruck zu verleihen, riefen wir gemeinsam mit dem ADFC ab Frühjahr 2022 die Aktionsreihe „Pop-up-Radwege“ ins Leben. Die einzelnen Pop-up-Radwege mussten jeweils als Versammlung/Demonstration angemeldet werden und waren von daher für uns nur am Wochenende möglich.

Durchgeführte Pop-up-Radwege:

1. Czernyring: wie schon im Vorjahr am Weltfahrradtag, Verstetigung wurde beantragt, aber bislang ohne Ergebnis

2. Lessingstraße: beantragt ab Römerstraße (Haus der Jugend), wurde aber nur ab Lessingstraße genehmigt

3. Sofienstrasse: ab Plöck bis Beginn Angebotsradweg

4. Planung Mittermaierstraße: aus strategischen Gründen haben wir die Aktion zunächst ausgesetzt.

Fazit der Aktion

Die Pop-up-Radwege haben die Sichtbarkeit des Radentscheids gesteigert, die Vernetzung mit den Initiativen und öffentlichen Vertretern (ADFC, Stadträte, etc.) gestärkt und den Druck auf die Verwaltung erhöht. Das Amt für Mobilität monierte, dass es durch den hohen Planungs- und Umsetzungsaufwand der Wochenend-Pop-up-Radwege von seiner Arbeit an dauerhaften Maßnahmen abgehalten werde. Unsere Aktionsreihe haben wir ausgesetzt, der Verkehrsversuch Mittermaierstraße wurde in den Katalog der Sofortmaßnahmen aufgenommen.

Übergabe der gesammelten Unterschriften

Nachdem die Kommunikation mit der Verwaltung (Amt für Mobilität) monatelang stagnierte, haben wir uns entschlossen, die Unterschriften doch noch einzureichen. Fast ein Jahr nach dem Beginn der Unterschriftenaktion, am 09. April 2022, übergaben wir die gesammelten Unterschriften der Verwaltung. Oberbürgermeister Würzner ließ sich durch Klimabürgermeister Schmidt-Lamontaine vertreten. Zur Übergabe wurden wir durch eine Fahrraddemo mit ca. 400 Teilnehmenden begleitet.

Vorläufiges Fazit

Der Gemeinderat hat eine Liste fahrradbezogener Sofortmaßnahmen beschlossen, von denen einige wenige bereits umgesetzt wurden. Der Radentscheid ist in der AG Rad, einem Beteiligungsgremium bestehend aus Vertreter:innen des Amts für Mobilität und der Initiativen, die sich für Fahrradmobilität einsetzen, vertreten. Außerdem wurde eine Vertreterin dazu bestellt, den Radentscheid im Klimamobilitätsplan, ehemals Verkehrsentwicklungsplan (VEP), zu vertreten.

Im ersten Quartal 2023 wurde ein Planungsbüro damit beauftragt, gemeinsam mit der Stadt und unter Einbeziehung der Initiativen die sogenannte Radstrategie für Heidelberg zu planen und umzusetzen.