Am 02. Mai 2024 konnten wieder alle Interessierten die öffentliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Heidelberg verfolgen. Je nach Thema und Standpunkt werden die Diskussionen mal mehr oder weniger hitzig und emotional geführt. Die Diskussion um eine Maßnahme in Wieblingen zur Umsetzung des Projektes „Freie Gehwege“ verließ jedoch nicht nur die Etikette einer angemessenen politischen Diskussionskultur.
Spätestens, nachdem ein Gemeinderatsmitglied den Begriff des Denunziantentums in die Diskussion einbrachte, hätte der Oberbürgermeister in die Diskussion eingreifen müssen. Als Denunzianten werden Menschen bezeichnet, „die aus persönlichen, niedrigen Beweggründen eine (Straf-)Anzeige erstatten“. Ist das Projekt „Freie Gehwege“ ein niedriger Beweggrund? Nein. Er schafft Platz und Sicherheit für Zufußgehende. Handeln somit Bürger:innen, die das Projekt „Freie Gehwege“ durch die Eingabe von Anzeigen unterstützen, aus persönlichen, niedrigen Beweggründen? Nein. Warum also stellt sich der Oberbürgermeister nicht vor seine Bürger:innen und vor das Amt für Mobilität? Warum werten einige Stadträt:innen engagierte Bürger:innen derart öffentlich ab?
Zudem ist der Begriff des Denunziantentums stark verknüpft mit den Zeiten des Nationalsozialismus. Erst vor wenigen Wochen noch positionierten sich alle demokratischen Parteien gegen rechts. Jetzt nutzen einzelne Vertreter rechtes Vokabular. Anstatt die Diskussion einzufangen, nahm der Oberbürgermeister den Begriff sogar erneut auf. Sinngemäß sagte er: „Denunziantentum schadet unserer Stadt“. Warum nutzt der Oberbürgermeister diesen Begriff? Ist er sich dessen Bedeutung nicht bewusst? Wenn die Positionierung gegen Rechts ernst genommen wird, ist hier eine Entschuldigung angebracht.
Einen ähnlichen Ablauf der Diskussion konnten wir vor kurzem zum Verkehrsversuch in der Mittermaierstraße verfolgen. Bereits in einer Sitzung zuvor drohte ein Gemeinderatsmitglied fernab einer sachlichen Diskussion mit dem ersten Toten. Im März dieses Jahres schlug der Oberbürgermeister dann entgegen der Empfehlung des Ausschusses für Klima, Umwelt und Mobilität die Einrichtung eines Arbeitskreises vor. Warum der Arbeitskreis? Warum vertraut der Oberbürgermeister nicht darauf, dass das Amt für Mobilität einen sicheren Verkehrsversuch plant?
Wir fordern den Oberbürgermeister auf, die Fähigkeiten seines Amtes für Mobilität nicht weiter in Frage zu stellen und ihr Schaffen zu unterstützen. Heidelberg wurde vor kurzem erst als EU-Modellstadt ausgewählt. Ohne Verkehrswende bleibt es reine Darstellung nach außen ohne eine ernstgemeinte Umsetzung.
Zudem fragen wir uns, warum sich einige Gemeinderatsmitglieder:innen öffentlich derart populistisch äußern? Geht es ihnen um Stimmenfang für die nahende Kommunalwahl? Eines ist klar, mit derartigen Aussagen fördern sie keine lösungsorientierte Diskussion, sondern stärken lediglich die Spaltung. Populismus gehört nicht in einen Gemeinderat.